Vorrat

„Es ist kompliziert.“ Diese Aussage kennt jeder von mir, der mich auf das Thema Wertsicherungsklauseln anspricht und insbesondere darauf, was das denn für die DEFAMA im kommenden Monat, Quartal oder Geschäftsjahr an zusätzlichen Mieten bedeutet. Deshalb nehme ich mir heute einmal die Zeit, ein paar der Mechanismen und Besonderheiten zu erklären, die in diesen Klauseln stecken.

Zunächst einmal gibt es nicht DIE Standard-Wertsicherungsklausel. Im gewerblichen Mietrecht kann man (fast) alles in Verträge schreiben, was man sich eben ausdenkt – und je nach Mieter und Vermieter, zwischen denen der ursprüngliche Mietvertrag geschlossen wurde, ist genau das auch oftmals passiert. Sprich: Da wir mit dem Kauf unserer Objekte in der Regel in bereits bestehende Mietverträge eintreten, gibt es in unserem Portfolio gefühlt fast genauso viele verschiedene Klauseln wie wir Verträge haben.

Genau deshalb – aufgrund der Übernahme verschiedenster Klauseln, die zwischen anderen vereinbart wurden – haben wir wohl einen recht umfassenden Einblick darüber, was es in unserem Segment so alles an Spielarten gibt. Hätten wir sämtliche Verträge selbst abgeschlossen, wären vermutlich deutlich weniger Varianten herausgekommen, denn wir selbst haben natürlich einen eigenen „Standard“. Wobei selbst der durch gewünschte Individual-Lösungen einzelner Mieter zu einer Vielzahl unterschiedlicher Ergebnisse führt.

Variable Faktoren sind dabei insbesondere:

1.) Gewählter Index
2.) Startzeitpunkt
3.) Veränderungsschwelle
4.) Anpassungsquote
5.) Mietanpassungsabstand
6.) Mietanpassungszeitpunkt
7.) Exotisches


Ich gehe diese Punkte im Folgenden alle durch, ohne jedoch auch nur ansatzweise den Anspruch darauf erheben zu wollen, dabei sämtliche möglichen Formulierungen oder Eventualitäten angesprochen zu haben.


1.) Gewählter Index

Der bekannteste und mit Abstand am häufigsten verwendete Index ist der klassische Verbraucherpreisindex („VPI“), dessen Veränderung in den Medien als Inflation bezeichnet wird. In den für uns typischen Immobilien wird er in schätzungsweise 95% aller Mietverträge verwendet.

Einige namhafte Filialisten verwenden jedoch standardmäßig – oder haben dies zumindest früher als Standard vorgegeben – einen anderen Index. Öfter anzutreffen sind hier der „Index der Einzelhandelspreise“ oder seine Unter-Indizes „WZ 47“ und WZ 47.1“. Ersterer bildet die Preisentwicklung von „Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen)“ ab, letzterer den „Einzelhandel mit Waren verschiedener Art (in Verkaufsräumen)“. Ein weiterer Unter-Index ist hier der „Kraftfahrzeughandel“, der aber zumindest in unseren Mietverträgen nirgends verwendet wird. Allerdings haben wir auch keine Autohäuser oder Werkstattbetreiber als Mieter.

Alle genannten Indizes werden monatlich ermittelt und vom Statistischen Bundesamt (kurz: DESTATIS) veröffentlicht. Jedoch wird für die Mietverträge in vielen Fällen nicht der Monatswert, sondern der Jahresdurchschnitt verwendet. Das ist einer der Gründe dafür, dass wir aktuell über einen „Vorrat“ an Indexierungen verfügen. So ließ sich natürlich schon lange klar absehen, dass der Jahresindex 2022 bei vielen Mietverträgen eine Indexanpassung auslösen würde – aber geltend machen konnten wir diese erst nach dessen Veröffentlichung im Januar 2023.

Und selbst wenn die Verbraucherpreise ab sofort nicht weiter steigen, kann schon jetzt als sicher gelten, dass der Jahresindex 2023 nochmals erneut deutlich höher liegen wird. Aber erst nach dessen Veröffentlichung im Januar 2024 können wir die entsprechenden Mietanpassungen geltend machen.


2.) Startzeitpunkt

Logischer Basiswert für die Wertsicherung der Miete ist natürlich der Mietvertragsbeginn. Sollte man jedenfalls denken. In vielen Fällen wird jedoch eine index-neutrale Zeit vereinbart. Hier haben wir zwischen einigen Monaten und 10 Jahren (sic!) schon so ziemlich alles gesehen. Bei großen Filialisten üblich sind nach Einzug oder einer größeren Umbau-Maßnahme mit entsprechender Mieterhöhung meist zwei bis drei Jahre.

Nicht selten versuchen Mieter auch, im Zuge von Verhandlungen zur Vertragsverlängerung den Indexstand wieder zu „nullen“. Sprich: anstatt einer Mietsenkung wird in einem Nachtrag zum Mietvertrag vereinbart, dass der Ausgangswert für die Berechnung der Wertsicherung neu auf den aktuellen Monat oder auch beispielsweise den Mai des kommenden Jahres festgelegt wird. In der Praxis führt dies dazu, dass jeder einzelne Mietvertragsnachtrag überprüft werden muss, ob eine solche Regelung zu einer temporären Aussetzung des Index führte.


3.) Veränderungsschwelle

Um nicht ständig Veränderungen der Miethöhe vornehmen zu müssen, wird sehr häufig eine Mindestveränderung des zugrunde liegenden Index vereinbart. Am häufigsten wird hier ein Anstieg von mindestens (oder mehr als) 10% gewählt, aber auch 4%, 5%, 7,5% oder 15% kommen immer wieder vor. Teilweise wird statt einer prozentualen Veränderung ein Anstieg um X Punkte vereinbart, teilweise wurde eine frühere Punkte-Schwelle irgendwann in einen Prozentwert umgerechnet – was dann zu „krummen“ Veränderungsschwellen wie 5,84% führt.

Dass insbesondere große Filialisten fast immer Veränderungsschwellen in ihre Verträge aufnehmen lassen, ist ein zweiter großer Faktor für den schon erwähnten Vorrats-Effekt. Insbesondere wenn ein Jahresindex beispielsweise mit einer 10%-Schwelle verknüpft und auf Basis des 2022er-Jahresindexwertes knapp verfehlt wurde, ist eine Mietanpassung schon jetzt quasi unvermeidlich – kann aber noch nicht geltend gemacht werden.


4.) Anpassungsquote

In vielen Fällen wird die Miete nicht 1:1 im Verhältnis des zugrunde gelegten Index angepasst, sondern in einem bestimmten Prozentsatz der Veränderung. Je nach Mieter und Verhandlungsergebnis sind Quoten von 50%, 60%, 65%, 75% oder 80% anzutreffen. Vereinzelt gibt es auch Vereinbarungen, dass eine Veränderung bis beispielsweise 5% der Indexveränderung 1:1 umzusetzen ist, darüber hinaus jedoch nur noch zur Hälfte.

Ebenfalls öfter zu lesen sind fixe Anpassungsschritte bei Erreichen einer vorgegebenen Veränderungsstufe, also beispielsweise 6% Mietanpassung bei einer Veränderung des Index um mindestens 10%. Ein Anstieg des Index um 10%, um 10,4% oder um 11,2% führt hier also zur gleichen fixen Mietanpassung. Die rechtliche Wirksamkeit dieser speziellen Formulierung ist allerdings fraglich (das Warum würde hier zu weit führen). Verwendet wird sie trotzdem vergleichsweise oft.


5.) Mietanpassungsabstand

Ein weiterer – und aktuell vielleicht der größte – Faktor für Vorrats-Effekte ist die Regelung, wie oft die Wertsicherung zu einer Mietanpassung herangezogen wird. Teilweise ergibt sich dies lediglich durch die Veränderungsschwelle, was zu mehreren Anpassungen binnen eines Jahres führen kann (und beim aktuellen Inflationsniveau auch tut). Teilweise wird die Miete jährlich zu einem festen Zeitpunkt angepasst, also beispielsweise zum 1.1. – wodurch heute schon absehbar ist, dass es zu einer Mieterhöhung für 2024 kommen wird, unklar ist nur noch, in welchem Umfang.

In vielen Fällen werden aber auch Mindestzeitabstände von zwei, drei oder gar fünf Jahren ab der letzten Mietanpassung vereinbart. Das spielte in Zeiten einer Inflation von 1,5 bis 2% keine größere Rolle, weil die Veränderungsschwelle von 10% sowieso erst viel später erreicht wurde. Bei zuletzt über 8% Inflationsrate könnten manche Mietverträge, bei denen erst im Sommer 2021 eine Indexmieterhöhung durchgeführt wurde, aber theoretisch jetzt schon wieder angepasst werden. Ist ein Mindestabstand von 24 oder 36 Monaten vereinbart, verschiebt sich die nächste Mieterhöhung aber auf beispielsweise August 2023 – oder sogar ins Jahr 2024, vereinzelt noch später.

Schon jetzt hat sich bei uns ein erklecklicher Vorrat an Mieterhöhungen aufgrund dieser Mindestabstands-Klauseln gebildet. Dieser löst sich im Laufe der Zeit „schleichend“ auf – jeden Monat erreichen einzelne Verträge die entsprechenden Zeitabstände. Nicht selten mit dann gleich sehr deutlichen Mietanpassungen, da etwaige Anpassungsschwellen teils schon längst erreicht sind. Je länger die Inflationsrate auf dem aktuellen hohen Niveau bleibt, desto größer wird der angesammelte Vorrat hieraus – eine typische 10%-Anpassungsschwelle wird ja gerade fast jährlich erreicht.


6.) Mietanpassungszeitpunkt

Sind alle anderen Voraussetzungen eingetreten (Indexanstieg, Veränderungsschwelle, Mindestanpassungsabstand), bleibt noch eine letzte Variable: Ab welchem Datum gilt denn nun die neue Miethöhe? Teilweise gilt diese automatisch ab dem Monat, in dem der Index die vereinbarte Veränderung erreicht hat. Oder ab dem Monat nach deren Veröffentlichung. Oder ab dem fixen Zeitpunkt, zu dem eine jährliche Anpassung vereinbart wurde.

Teilweise gilt die neue Miethöhe aber auch erst ab dem 1. des Monats, nachdem die Mietanpassung berechtigterweise eingefordert wurde. Oder ab dem 1. des Folgequartals. Oder ab dem 1. des Folgejahres. Sprich: wer versäumt, die erhöhte Miete sofort geltend zu machen, bekommt die höhere Miete erst später. Umgekehrt würde bei einem Indexrückgang das gleiche für den Mieter gelten – die reduzierte Miete gilt erst, wenn sie schriftlich geltend gemacht wurde.

In der Praxis versäumen viele Vermieter, die möglichen Mietanpassungen fristgerecht geltend zu machen. Auch weil die Regelungen insgesamt, wie glaube ich hinreichend aufgezeigt, unglaublich komplex und verschachtelt sind. Und dabei haben wir noch nicht einmal die wirklich exotischen Fälle erwähnt…


7.) Exotisches

Wem all das zu einfach war, für den geht es gerne noch komplizierter. Wobei hier nur eine Handvoll Sonderfälle erwähnen seien, die uns teilweise erst ein einziges Mal (und zum Glück nicht alle in unserem eigenen Bestand) begegnet sind.

Eine relativ gebräuchliche Formulierung ist, statt eines vorgegebenen Automatismus im Vertrag eine „Verhandlung zur Anpassung“ zu vereinbaren, wenn eine bestimmte Indexveränderung eingetreten ist. Kommt dann keine einvernehmliche Lösung zustande, soll meist ein Gutachter hinzugezogen werden. Wie verbindlich dessen Urteil dann wiederum ist, wenn das Ergebnis einer Vertragspartei nicht passt… ist unterschiedlich.

Aufgrund der niedrigen Inflation lange Zeit faktisch irrelevant waren auch Klauseln, in denen eine absolute Mietveränderung durch mehrere Indexmietanpassungen nacheinander zu bestimmten Rechten führt – in der Regel für den Mieter. So kann dies beispielsweise dazu führen, dass eine Mietsteigerung um insgesamt mehr als 50% oder 100% gegenüber der Ursprungsmiete zu einem Sonderkündigungsrecht des Mieters führt. Oder die Miete wird schlicht auf diesem Niveau dauerhaft gedeckelt.

Insbesondere die letztgenannte Formulierung darf man aber getrost als exotische Ausnahme betrachten. Wobei sie aus Mietersicht natürlich an Attraktivität gerade enorm gewinnt – wer weiß, ob künftig vielleicht öfter einmal versucht wird, so etwas in einen Mietvertrag hineinzuverhandeln. Da für Vermieter aber die Aufmerksamkeit für Wertsicherungsklauseln ebenso stark zugenommen hat, dürfte es meist beim vergeblichen Versuch bleiben.

Soweit ein kurzer (hust) Überblick über die Thematik „Wertsicherung von Gewerbemieten“. Ich hoffe, nun ist jedem Leser und Investor klar, warum ich es meist bei meiner anfänglichen Aussage belasse – und höchstens punktuell noch zwei, drei wesentliche Faktoren beispielhaft erläutere. Man möge uns vor dem Hintergrund der aufgezeigten Komplexität des Themas verzeihen, dass wir seitens DEFAMA auch künftig höchstens eine ungefähre Dimension hinsichtlich der Auswirkungen auf unsere Gesamterträge nennen.

Wann und wie stark sich der Indexierungs-Vorrats ganz genau in den Zahlen der DEFAMA zeigt, ist ja letztlich auch nachrangig. Entscheidend ist vor allem, dass unsere Investoren dank 90% Anteil an wertgesicherten Mieterträgen in Verbindung mit der langjährigen Zinsbindung unserer Finanzierungen im aktuellen Marktumfeld sehr ruhig schlafen können.

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Positiv

Über zwei Jahre lang haben wir uns erfolgreich geschützt, nun hat’s auch meine Familie und mich erwischt: Nachdem es mir in der Nacht von Sonntag auf Montag und danach den ganzen Tag richtig dreckig ging – nachts Schüttelfrost und Kopfschmerzen, tagsüber dann Fieber bis zu 39,6 Grad – machte ich, ein wenig erholt und nun mit „klassischen“ Schnupfen-Symptomen nebst ein wenig Gliederschmerzen, am Dienstag gegen Mittag nur für alle Fälle einen PCR-Test. Gut drei Stunden später schlug meine Corona-Warn-App an, fünf Minuten später die meiner Frau (der es da noch gut ging), abends um 23 Uhr kam dann die Mail mit meinem Testergebnis.

Tja. Wir befanden uns seit einer Woche im Urlaub, der war damit abrupt zu Ende. Noch in der Nacht packten wir die Koffer und schafften sie ins Auto (da war niemand auf den Fluren, den ich gefährden hätte können), hinterlegten an der menschenleeren Rezeption einen Zettel mit einer Info und Bitte um Vorbereitung von Rechnung etc. zwecks möglichst kurzem Aufenthalt  am nächsten Morgen – und fuhren ohne Frühstück los. Kurzer Zwischenstopp an einem nahen Testzentrum, damit auch Frau und Kind einen PCR-Test machen konnten, danach quasi nonstop in sieben Stunden nach Berlin.

Kurz nach der Ankunft kam auch das positive Ergebnis meiner Frau, die inzwischen ebenfalls einige Symptome zeigte, und das glücklicherweise negative Ergebnis des Kindes, hier vermutlich wegen (inzwischen) zu hohem CT-Wert; meiner lag ebenfalls bei relativ hohen 26,75 und sämtliche Schnelltests waren durchgängig negativ. Aufgrund des hohen Fiebers am Samstag nehmen wir aber stark an, dass es ebenfalls infiziert war, möglicherweise jedoch früher und/oder schwächer. Die dreifache Impfung des Kindes dürfte hier vor Schlimmerem geschützt haben – ebenso die jeweils vier Impfungen bei meiner Frau und mir.

Wir haben uns vermutlich im Buffet-Bereich des Restaurants angesteckt, da wir sonst nirgends halbwegs engen Kontakt in Innenräumen hatten, was auch mit der Info zu einer anderen positiven Familie zusammenpassen würde, von der wir nach der eigenen Hiobsbotschaft erfuhren. Die saß aber woanders und wir hatten auch sonst keinen Kontakt mit ihr. Aber das ist letztlich alles Glaskugel – und letztlich auch irrelevant.

Und wie war das nun so? Am Donnerstag hätte ich noch gesagt, ich habe es offenbar bereits (fast) komplett hinter mir – sonst hätte ich den Sieben-Stunden-Ritt nach Berlin auch gar nicht geschafft. Allerdings hatte ich dann doch wieder ein wenig Kopfschmerzen und weiterhin (sehr leichte) gliederschmerz-artige Gefühle. Außerdem ist das Sehen immer wieder mal ungewohnt anstrengend, was ich in Verbindung mit leichten Hörstörungen am Montag besonders beunruhigend empfinde, da es auf mögliche neurologische Effekte hindeutet.

Morgen machen wir erneut freiwillige PCRs, auch wenn zum Freitesten ja eigentlich ein „Bürgertest“ genügt – aber wir wollen zum einen wissen, wie es wirklich steht, zum anderen auch niemanden gefährden, indem wir uns auf die wenig verlässlichen Antigentests gestützt unwissentlich dann doch infektiös unter’s Volk mischen. Oder jedenfalls einzelne Menschen treffen – das mit dem „Volk“ werden wir nach dieser Erfahrung nochmals drastisch einschränken.

Welche Lehre ziehe ich aus dem Erlebnis? – zum einen bin ich der Medizin unendlich dankbar für die Impfung, die uns sehr wahrscheinlich einen sehr viel heftigeren Verlauf erspart hat. Zum anderen will ich auch diesen glimpflichen Verlauf definitiv nicht noch einmal erleben; allein der Montag hat mir schon gereicht.

Und schließlich ärgere ich mich schwarz, dass ich dieses Jahr im Büffet-Bereich des Hotels keine Maske getragen habe. Letztes Jahr war ich da schon der einzige (meine Frau ausgenommen), habe entsprechende Kommentare („das brauchen Sie nicht“, „wovor haben Sie Angst?“ etc.) aber entspannt über mich ergehen lassen. Auch beim Einkaufen und bei geschäftlichen Terminen trage ich nach wie vor konsequent Maske, vermeide größere Menschenmengen und Treffen in Innenräumen, überall bei uns stehen Luftfiltergeräte, wir machen bei vagem Verdacht immer wieder PCR-Tests auf eigene Kosten und sind generell vorsichtig.

Nachdem dieses Jahr im gesamten Hotel aber buchstäblich so gut wie keine Spuren von Pandemie(-maßnahmen) zu sehen waren, wollte ich kein „Spielverderber“ sein – und BÄMM. Ich weiß nicht, ob es einen Unterschied gemacht hätte, außer beim Essen selbst konsequent eine Maske zu tragen. Angesichts der sehr wahrscheinlichen Ansteckung im Buffet-Bereich ist das aber durchaus möglich. Und so muss ich mir eben selbstkritisch sagen, dass ich nicht alles getan habe, was ich ohne Mühe hätte tun können, um die Infektion zu vermeiden.

Nun gut. Immerhin habe ich arbeitgeberfreundlich meinen Urlaub geopfert, statt Arbeitszeit dafür zu verlieren. Zudem haben wir immerhin das Glück, dass es uns besser ergeht als etlichen Freunden und Bekannten, die derzeit ebenfalls die Infektion durchmachen. Sicher ist aber jetzt schon: auch künftig bleibt die Maske auf – und die nächste Impfung für die ganze Familie ist bereits vorgemerkt.

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Angst

Den nachfolgenden Text habe ich bereits in einer Serie von Tweets veröffentlicht; da Twitter jedoch eher kurzlebig ist, hier nochmals unverändert als Blogpost

Ich habe Angst.

Vor ziemlich genau einem Jahr hatte ich das zum ersten Mal wegen Corona. Meine größte Sorge war damals, dass die Gefahr nicht erkannt wird, dass die Politik zu spät/gar nicht reagiert, dass Menschen in meinem privaten Umfeld trotz meiner Warnungen sorglos sind.

Damals schlief ich nur ein, zwei Wochen sehr unruhig. Dann reagierte die Politik zum Glück schnell und gut, man konnte in China schon sehen, dass die Maßnahmen wirken, man also nicht hilflos gegen die Ausbreitung ist, auch die Sterblichkeit zum Glück nicht soooo hoch ist.

Damals wusste ich auch, was ich selbst tun kann: Mitarbeiter ins Homeoffice schicken, privat alle Kontakte vermeiden, um die Familie zu schützen, via Twitter zur Aufklärung beitragen versuchen.

Das war vor einem Jahr.

Jetzt gibt es Daten über Daten, jeder weiß um die Gefahren – und ich fühle eine hilflose Angst. Denn: obwohl Corona nicht mehr die „unbekannte neue Gefahr“ ist, obwohl längst wissenschaftlich erwiesene Fakten in Hülle und Fülle existieren, obwohl es genau bekannt ist, wie man die Ausbreitung eindämmen kann (und wie nicht), passiert das genaue Gegenteil. Die Politik hat resigniert, die Menschen sind des Lockdowns müde, die tausenden Toten nur noch Statistik, die Gemüter abgestumpft.

Und ich habe Angst. Denn seit gestern ist der Kampf für den Schutz von Familie und Mitarbeitern noch schwerer geworden.

Wenn nun alles geöffnet wird, wer bin da ich, mich zum immerwährenden Mahner aufzuspielen? Mitarbeiter davon abzuhalten, endlich mal wieder ins Büro zu kommen? Kinder davon abhalten, endlich wieder regelmäßig ihresgleichen zu treffen? Die eigene Familie bedrängen, nun erst Recht jegliche Kontakte zu vermeiden, soweit es nur irgendwie geht?

Auch ich bin des Lockdowns müde, auch ich würde gerne wieder Freunde treffen, mit Geschäftspartnern essen gehen, aus meinem Bürokeller raus kommen und auf Konferenzen networken.

Für mich selbst verzichte ich weiter. Aber welchen Sinn ergibt das denn noch, wenn drumherum überall die Dämme brechen? Wozu soll ich weiter darum kämpfen, wenigstens ein paar Alibi-Barrieren aufrecht zu erhalten, wenn die Risiken sowieso auch überall sonst bestehen, quasi um die Dämme herum von hinten anbranden?

Ich habe Angst. Denn zum ersten Mal überwiegt in mir das Gefühl, dass es mir nicht mehr möglich ist, mir nahestehende Menschen zumindest halbwegs zu schützen. Solange das ging – oder man jedenfalls diese Illusion wahren konnte – war es erträglich, hielt sich die Sorge in Grenzen.

Vor einem Jahr habe ich gesagt, ich wünschte nichts mehr, als mich zu irren bzgl der unbekannten Corona-Gefahr. Leider kam es anders. Nun habe ich Angst, erneut Recht zu behalten. Absurderweise nun aber bzgl der klar umrissenen Prognose zahlloser Wissenschaftler und Mathe-Nerds.

Und wer nun denkt „ach, lasst den alten Schwarzseher doch jammern“: jaaaa so würde ich es auch gerne abtun. Aber wer mich kennt, der weiß, dass ich von Natur aus optimistisch bin – anders ist es btw kaum möglich, ein Unternehmen aufzubauen 😉

Trotzdem habe ich Angst. Nicht um mich, sondern um… tja, euch. Oder so.

Bleibt gesund.

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Lanze

Eigentlich bin ich ja eines der Opfer der Ankündigung vieler namhafter Handels-Filialisten, ihre Mietzahlung mindestens für April auszusetzen. Und natürlich finde ich das als Vorstand und großer Aktionär der DEFAMA auch überaus unschön, da es kurzfristig durchaus signifikante Auswirkungen auf unseren Cashflow hat, wenngleich wir dem angesichts unserer sehr soliden Finanzstruktur recht gelassen entgegen sehen können.

Angesichts des Shitstorms, der sich derzeit auf Social Media und in der Presse über die mietaussetzenden Händler entlädt und bis hin zu Boykottaufrufen reicht, fühle ich mich aber dennoch genötigt, hier eine Lanze für die Mietaussetzer zu brechen.

Zunächst möchte ich klarstellend anmerken, dass das am Freitag verabschiedete Gesetz, das eine fristlose Kündigung aufgrund von Mietrückständen für April bis Juni verbietet, wohl kaum ausschlaggebend für die Entscheidung der Filialisten war. Schließlich wurde diese vielfach weltweit und somit auch für Länder avisiert, in denen es keine solchen Regelungen gibt. Und auch, dass Adidas mit der eigenen Ankündigung einen Dammbruch ausgelöst hat, ist vom Zeitablauf her schlicht falsch.

So wurde die geplante Mietaussetzung von Adidas erst am Donnerstag Nachmittag bekannt, wenige Stunden nach Veröffentlichung unserer Pressemeldung, in der wir erwähnten, dass mehrere namhafte Filialisten dies planen. Obwohl wir sicherlich nicht der bedeutendste Vermieter im Handelssektor sind, erhielten wir schon am Montag früh – mehr als drei Tage vor dem Adidas-Outing – die ersten entsprechenden Anfragen und Ankündigungen. Zudem wissen wir von etlichen weiteren Filialisten aus dem Modesektor, die nicht zu unseren eigenen Mietern zählen, dass diese ebenfalls schon Tage vorher ihren Großvermietern entsprechende Schritte angekündigt hatten.

Darüber hinaus kann ich, obwohl via DEFAMA persönlich massiv betroffen von den Mietaussetzungen, die Entscheidung der Händler durchaus verstehen. Denn angesichts der flächendeckenden behördlich angeordneten Ladenschließungen ist insbesondere für nahezu die gesamte Mode- und Schuhbranche eine existenzgefährende Situation entstanden: Von jetzt auf gleich keinerlei Umsatz mehr – und das für mindestens einen Monat, womöglich deutlich länger – ist in einer ohnehin schon seit langem unter Druck stehenden Branche mit niedrigen Margen eine echte Katastrophe.

Zugleich laufen alle Kosten weiter: Personalkosten, Verwaltung, Miete, Bankkredite etc etc. Und noch schlimmer: Je nachdem, wie lange sich der Shutdown genau hinzieht, dürfte für die meisten Modehändler die komplette Frühjahrskollektion unverkäuflich bleiben. Die Abschreibungen auf Waren werden daher immens sein. Selbst wenn natürlich durch Notkredite, Kurzarbeit, teilweise auch Entlassungen und andere Sparmaßnahmen nun schleunigst gegengesteuert wird: Tiefrote Zahlen sind in 2020 für praktisch jede Firma des Sektors, egal wie gut sie vorher verdient hat, schon jetzt vorprogrammiert.

Zwar sind wir uns sicher, dass solide aufgestellte Firmen wie Deichmann*, KiK*, Takko*, TEDi* und viele weitere unserer Mieter nach der Krise weiterhin erfolgreich am Markt aktiv sein werden. Jedoch hätte ich mich, wäre ich an der Stelle ihrer Geschäftsführer, – so schwer eine solche Entscheidung mit Blick auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Vermietern auch fällt – aktuell wohl ebenfalls für eine flächendeckende Mietaussetzung entschieden.

Und wenngleich wir selbstverständlich im Interesse unserer Aktionäre nicht „einfach so“ auf die ausgesetzten Mieten verzichten können (diese sind lediglich gestundet, nicht entfallen!): Uns ist bewusst, wie hart eine flächendeckende Schließung aller Filialen diese Unternehmen trifft und wie schwer es für jeden einzelnen ist, mit der aktuellen Situation umzugehen. Auf kurze Sicht spielt die Bewahrung der Zahlungsfähigkeit dabei eine entscheidende Rolle, und dazu trägt das Einbehalten der Miete nun einmal ebenfalls bei.

Sicherlich werden als Folge dieser Entscheidung auch einige Vermieter in Probleme kommen. Das Narrativ vom kleinen Rentner, der nun in Existenznot gerät, dürfte aber zumindest auf die Vermieter von Adidas kaum zutreffen – deren Shops finden sich meist in absoluten 1A-Innenstadt-Lagen und großen Shoppingcentern, die in der Regel institionellen Investoren oder sehr vermögenden Familien gehören. Auch die meisten Eigentümer von Fachmarktzentren zählen vermutlich eher nicht zu denen, um die man sich in der aktuellen Krise bevorzugt sorgen muss. (dies dürfte eher auf viele kleine private Vermieter von Wohnungen zutreffen, deren Altersvorsorge gerade wegbricht)

Ich möchte daher an die Kunden ebenso wie an die Journalisten appellieren, sich nicht vorschnell über die mietaussetzenden Händler zu empören. Auch diese haben die Pflicht, ihre Unternehmen zu schützen – im Interesse der eigenen Gesellschafter (seien es nun Aktionäre, Investoren oder eine Familie), ihrer Mitarbeiter und auch der Kunden und Lieferanten. Auf dass nach der Krise, die wir alle gemeinsam durchstehen müssen, die Geschäfte möglichst nahtlos weitergehen können.

 

*genannt sind hier bewusst nur die Namen von bereits in der Presse erwähnten namhaften Mietaussetzern unter unseren Mietern, die tatsächliche Liste ist noch viel viel länger

 

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Treppchen

Vor einiger Zeit haben wir das höchste Gebot unserer Firmengeschichte abgegeben: stattliche 13,2 Mio. Euro für ein Objekt, in dem zusätzlich auch noch einige Investitionen erforderlich gewesen wären. Bei Ankauf-Kandidaten dieser Dimension wissen wir aber schon im Voraus, dass unsere Chancen begrenzt sind – größere Objekte sind bei Institutionellen deutlich begehrter als unsere typischen Nahversorger im Bereich von 1 bis 5 Mio. Euro Kaufpreis. Erfahrungsgemäß zahlt bei solchen „Elefanten“ irgendjemand dann doch deutlich mehr, als wir nach unseren Kriterien zu bieten bereit sind.

So auch hier. Wie uns der Makler verriet, haben wir mit unserem Gebot „das Treppchen knapp verfehlt“. Allerdings lagen die Bieter auf den Plätzen 2 bis 5 alle sehr nahe beieinander. Da kamen die anderen Interessenten wohl zu einer ganz ähnlichen Einschätzung des nicht ganz einfachen Objekts wie wir. Der letztlich erfolgreiche Käufer bot aber offenbar als einziger volle 10% mehr als wir. Da lassen wir ihm angesichts der Herausforderungen, die der Standort mit sich bringt, dann gerne den Vortritt.

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